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Windenergie im Faktencheck

Rund um das Thema Windenergie gibt es viele vorgefasste Meinungen. So seien, um nur einige zu nennen, die Windstärken in der Schweiz zu schwach und Windräder gesundheitsschädigend und nicht recyclebar. Ein Faktencheck soll den hartnäckigsten Vorurteilen entgegenwirken.

Sind Windstärken in der Schweiz zu schwach?

Als wichtigstes Kriterium für die Eignung der Windenergienutzung ist eine mittlere Windgeschwindigkeit von mind. 4.5 m/s bzw. eine mittlere Windleistung pro Rotorfläche von mind. 100 W/m2 erforderlich. Mit grossen Rotoren lässt sich auch mit vergleichsweise leichten Brisen Strom erzeugen, weshalb Grosswindkraftanlagen gegenüber der Kleinwindkraft zu favorisieren sind. Die Nabenhöhe einer modernen Windenergieanlage liegt zwischen 80 und 120 Metern und der Durchmesser des Rotors beträgt 70 bis 140 Meter. Konstante Stromflüsse sind betriebswirtschaftlich wertvoller als grosse Erzeugungsspitzen.

Gemäss Windleistungskataster NTB Buchs sind über die Hälfte des Ausserrhoder Kantonsgebietes für die Windenergienutzung in Bezug auf die Windverhältnisse geeignet und es kann teilweise sogar von mittleren Windleistungen von über 400 W/m2 Rotorfläche ausgegangen werden. Selbstverständlich wird kein Investor in einen Windpark investieren, wenn keine verlässlichen Messresultate von mindestens einem Jahr bzgl. den effektiven Windleistungen an den vorgesehenen Standorten vorliegen.

Sind Windenergieanlagen laut?

Windenergieanlagen dürfen nicht laut sein, da sie die Anforderungen der Lärmschutzverordnung erfüllen müssen. Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung werden die Betriebsgeräusche von geplanten Anlagen abgeklärt. Das Rauschen von Windenergieanlagen ist nicht lauter als ein Gespräch. Der Wind, der um die Hausecken pfeift, die Geräusche einer Heizung und von weiteren Haushaltsgeräten sind deutlich lauter als eine Windenergieanlage. Zudem werden die Flügel heutzutage mit Kämmen ausgerüstet und es werden Flügel mit gebogenen Blattenden eingesetzt, um die Geräuschemissionen zu minimieren. 

Machen Windenergieanlagen krank?

Häufige Bedenken bzgl. Windenergie treten im Zusammenhang mit Auswirkungen auf die Gesundheit auf. Dabei wird sehr oft der Infraschall thematisiert. Schall unterhalb des Hörbereichs, also mit Frequenzen von weniger als 20 Hz, nennt man Infraschall. Infraschall ist ein fester Bestandteil unserer Lebenswelt und kann sowohl aus natürlichen als auch aus technischen Quellen hervorgehen. Natürliche Quellen sind z.B. Wind, Gewitter, Wasserfälle, Vulkane, Meteoriten usw. Kraftfahrzeuge, Klima- und Lüftungsanlagen sowie Kühlschränke sind u.a. technische Ursprünge für Infraschall. Gemäss einer Studie des Bundesamtes für Umwelt sind im Allgemeinen keine schädlichen oder lästigen Immissionen durch Infraschall zu erwarten, wenn die Lärmimmissionen im hörbaren Bereich die Grenzwerte einhalten. Zudem wird der Infraschall von anderen natürlichen Umgebungsgeräuschen überdeckt, sodass er schon wenige hundert Meter weiter nicht mehr wahrnehmbar ist.

Ist der Schattenwurf von Windenergieanlagen problematisch?

Je nach Wetter und Sonnenstand können die Rotorblätter bewegte Schatten werfen. Im Genehmigungsverfahren wird darauf geachtet, dass der Schatten eines Windrades umliegende Wohngebiete nur minimal überstreicht. Demnach darf ein Gebäude pro Jahr höchstens 8 Stunden respektive pro Tag höchstens 30 Minuten beschattet werden. Eine automatische Abschaltvorrichtung sichert die Einhaltung dieser Werte. In den Anfängen der Windstromerzeugung war der Stroboskop-Effekt (Lichtspiegelungen an den Rotorblättern) wegen der kleinen sehr schnell drehenden Windräder ein viel diskutiertes Thema. Durch die Verwendung von nicht-reflektierenden Farben und die langsame Drehbewegung moderner Grosswindanlagen sowie durch die grossen Abstände zu Wohnhäusern ist ein solcher Effekt nicht mehr feststellbar.

Sind Windenergieanlagen gefährlich für Vögel und Feldermäuse?

Um Vögel und Fledermäuse möglichst gut zu schützen, bedürfen Windprojekte einer abgeschlossenen Umweltverträglichkeitsprüfung, die von Fachexpertinnen und -experten durchgeführt wird. Dank Ultraschallüberwachung sowie Radar- und Videotechnologie können in Windparks Flugaktivitäten nachgewiesen und Kollisionen durch zeitliche Abschaltungen der Windräder vermindert werden. Eine Studie rund um die Windenergieanlage im bündnerischen Haldenstein bestätigt: Zugvögel bewegen sich weit oberhalb der Rotorflügel von Windenergieanlagen. Greifvögel, Krähen und andere Vögel umfliegen die Anlage in einem Abstand von hundert Metern.

Sind allfällige Eisschichten an den Rotorblättern gefährlich?

Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt, bei Schneefall oder Eisregen können sich auf den Rotorblättern des Windrades, genauso wie auf Handymasten, Bäumen oder Stromleitungen, Eisschichten bilden. Die Eisbildung wirkt sich negativ auf den Anlagenbetrieb aus. Die Rotorblätter werden „unwucht“, wie man das von Autoreifen kennt. Ein Betrieb des Windrades in diesem Zustand würde sich negativ auf die ganze Anlage selbst auswirken, weil sie durch diesen Zustand sehr stark belastet würde. Der Gefahr eines Eisabwurfs wird durch Rotorheizungen oder Abschalteinrichtungen entgegenwirkt. So wird bei modernen Grosswindanlagen ein Eisansatz durch die Anlagensoftware erkannt und automatisch die notwendigen Massnahmen eingeleitet sowie die Anlagenbetreiber online informiert.

Setzen Windenergieanlagen Gas-Backup-Kraftwerke für windstille Tage voraus?

Bei den meisten erneuerbaren Energiequellen wirkt sich die Witterung auf den Ertrag aus, woraus saisonale Schwankungen resultieren. Im Unterschied zu den Solar- und Wasserkraftwerken haben Windenergieanlagen ihre Produktionsspitze während der kalten Jahreszeit bzw. produzieren rund zwei Drittel ihres Jahresertrags im Winterhalbjahr. Grosse Windenergieanlagen sind somit die optimale Ergänzung zu den anderen erneuerbaren Quellen. Und für windstille Tage ohne Sonnenschein verfügt die Schweiz über Speicherseen mit einer gigantischen Kapazität von rund 8.9 Terawattstunden (TWh). Gemäss aktuellem Stromverbrauch reicht diese Kapazität aus, um die ganze Schweiz zwischen 7 und 8 Wochen lang mit Strom zu versorgen. Trotz zunehmendem Stromverbrauch infolge Umstieg von Öl- und Gasheizungen auf grösstenteils Wärmepumpenheizungen sowie dem Wechsel von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren zu Elektrofahrzeugen wird diese Speicherreserve auch in Zukunft mehr als einen Monat ausreichen. Der Bau von Windkraftanlagen unterstützt massgeblich die Versorgungssicherheit und reduziert den Bedarf von Gas-Backup-Kraftwerken.

Ist der Energiebedarf für den Bau von Windenergieanlagen unverhältnismässig gross?

Der sogenannte Erntefaktor gibt an, wie viel Energie eine Anlage in ihrer Lebenszeit erzeugt. Bei gängigen Windkraftanlagen an Land liegt der Erntefaktor bei rund 1:18. Das heisst, die Anlage erzeugt rund 18 Mal so viel Strom in ihrer durchschnittlichen Lebensdauer, wie Energie bei der Herstellung der Anlage verbraucht wird.

Wird für die Herstellung von Windenergieanlagen massenweise Tropenholz gerodet?

Für die Rotorblätter von Windenergieanlagen wird unter anderem Balsaholz verwendet. Der Balsabaum ist eine unkomplizierte, schnellwachsende und nicht bedrohte Pflanzenart, die in Südamerika beheimatet ist. Infolge stark gestiegener Preise mehrten sich in den letzten Monaten Berichte über illegale Rodungen und verstärkten Schwarzmarkthandel in Zusammenhang mit Balsaholz. Die europäische Windbranche bezieht allerdings schon seit Jahren ausschliesslich FSC-zertifiziertes Balsaholz, wobei eine nachhaltige Waldbewirtschaftung gewährleistet und illegale Rodungen in Zusammenhang mit der Produktion von Windenergieanlagen ausgeschlossen werden können. Viele Hersteller haben zudem bereits vor mehreren Jahren damit begonnen, Balsaholz durch speziellen PET- bzw. PVC-Schaum zu ersetzen. Lediglich bei rund 30 % der heute produzierten Rotorblätter kommt Balsaholz überhaupt noch zum Einsatz.

Bereits heute sind bis zu 90 % der Baumaterialien einer Windenergieanlage leicht wiederverwendbar. Metalle wie Stahl und Kupfer werden direkt wiederverwertet, die Betonteile finden nahezu vollständig als Strassenschotter/Betonkies eine Wiederverwendung.

Haben Windenergieanlagen einen negativen Einfluss auf Immobilienpreise?

Aus einer Studie von Wüest und Partner AG im Auftrag des Bundesamtes für Energie resultiert, dass die Preise von Immobilien infolge bestehender oder geplanter Windenergieanlagen nicht negativ beeinflusst werden. Sowohl in Haldenstein bei Chur wie auch im Rhonetal (Wallis) in den Gemeinden Charrat, Collonges und Dorénaz stehen die Windenergieanlagen in der Nähe von grossen Wohngebieten. Obwohl die Windenergie hier sogar weiter ausgebaut werden soll, konnten bisher keine Auswirkungen auf die Immobilienpreise festgestellt werden. Eine positive oder negative Auswirkung hängt massgeblich von der Einstellung der Bevölkerung zur Windenergienutzung ab.  

Wird die Landschaft durch Windenergieanlagen verschandelt?

Inwiefern Windenergieanlagen die Landschaft verschandeln, liegt einerseits im Auge des Betrachters und ist andererseits Gewohnheitssache. Der Mensch hat die natürlichen Gegebenheiten schon immer für seine Zwecke genutzt. So sind riesige, ganze Täler ausfüllende Wasserkraftanlagen mittlerweile ein selbstverständlicher Teil unserer Landschaft geworden. Genauso sind Stromleitungen, Seilbahnen, Eisenbahnschienen und Autobahnen heute zweifellos Teil unseres Landschaftsbildes. Um den landschaftlichen Eingriff so gering wie möglich zu halten, werden im Idealfall Windparks mit mehreren grossen Anlagen gebaut.

Zusätzliche Informationen

Amt für Umwelt

Kasernenstrasse 17A
9102 Herisau
T: +41 71 353 65 35

Amt für Raum und Wald

Kasernenstrasse 17A
9102 Herisau
T: +41 71 353 67 71