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Praxisbeispiele

Jakob Zellweger-Zuberbühler (1770–1821) befindet sich in den Wintermonaten 1802/1803 in napoleonischer Gefangenschaft auf der Festung Aarburg:

Oel auf Leinwand von Heinrich Pfenninger (1749–1815)
V.l.n.r.: Landammann Jacob Zellweger-Zuberbühler, Trogen (1770–1821), Landammann Aloys von Reding, Schwyz (1765–1818), Landammann Wyrsch, Buochs (1737–1814), General Aufdermaur, Schwyz (1779–1836), Seckelmeister Johann Caspar Hirzel, Zürich (1746–1828), Joseph Maria, ein Diener Redings

KBAR, Kantonale Kunstsammlung, Signatur: KB-008760

Am 29. Dezember 1802 schreibt die achtjährige Bertha ihrem gefangen gehaltenen Vater Jakob Zellweger einen rührenden Neujahrsbrief:

à Trogue ce 29 Decembre 1802.

Mon très cher Papa.
J’espere que Vous me pardonnerez que j’ai tardé si longtemps à Vous écrire. Ma chere Maman se porte bien, Dieu merci, mon frère Jean George à déja deux dents mâchelieres et ma soeur Annette se porte aussi fort bien; mais le petit Conrad de la T. marraine est très malade. Cette bonne Tante m’a fait le plaisir il y a quelques jours de m’inviter au gouté. Un soir Monsieur l’oncle parrain [Johann Caspar Zellweger-Gessner] est venu demander à Mesdames les Tantes et à Maman si aucune d’elles n’avoit envie d’aller en traineau avec lui à Speicher. Maman a repondu qu’elle ne pouvait pas profiter de sa bonté, mais qu’elle m’en donnerait la permission s’il voulait. Le lendemain Monsieur l’oncle m’a fait ce plaisir et il m’a promis de me prendre avec lui une autre fois si je me conduisais bien.
Hier ma chere Maman a invité les enfans à diner y chez nous.
Je prens la liberté de Vous envoyer ci-joint une petite felicitation sur le nouvelle an. Je Vous prie de vouloir bien l’accepter comme une faible Marque de mon amour filial. J’ai un sensible regret d’être privée du bonnheur de Vous en feliciter de vive voix. Que le bon Dieu conserve Votre santé qui nous est si pretieuse à tous! qu'Il nous fasse la grace de Vous ramener bientôt entre nos bras! Adieu, mon cher Papa! Mademoiselle Zorn et Monsieur Roller Vous saluent. Je suis et serai toute ma vie votre fidelle et obéissante fille,
Berthe Zellveguer.

Ich wünsche Ihnen ein gutes Neüjahr lieber Papa, und kommen Sie bald wieder zu uns.
Ihr gehorsamstes Kind 
Nanny Zellweger

 

Übersetzung

In Trogen, an diesem 29. Dezember 1802

Mein sehr geehrter Papa.
Ich hoffe, Sie verzeihen mir, dass ich so lange gebraucht habe, Ihnen zu schreiben. Meiner lieben Mutter geht es gut, Gott sei Dank, mein Bruder Johann Georg hat bereits zwei Backenzähne und meiner Schwester Nanny geht es auch sehr gut; aber der kleine Conrad, [der Sohn] meiner Tante mütterlicherseits, ist sehr krank. Diese gute Tante hat mir vor einigen Tagen das Vergnügen bereitet, mich zum Zvieri einzuladen. Eines Abends kam Herr Onkel väterlicherseits, um die Damen und Tanten und Mama zu fragen, ob keine von ihnen Lust hätte, mit ihm im Schlitten nach Speicher zu fahren. Mama antwortete, dass sie von seiner Güte nicht profitieren könne, aber dass sie mir die Erlaubnis geben würde, wenn er wolle. Am nächsten Tag hat mir Herr Onkel dieses Vergnügen bereitet und mir versprochen, mich ein weiteres Mal mitzunehmen, sofern ich mich gut benehmen würde.
Gestern hat unsere liebe Mama die Kinder zu uns zum Mittagessen eingeladen.
Ich nehme mir die Freiheit, Ihnen anbei kleine Glückwünsche zum neuen Jahr zu schicken. Ich wünsche mir, dass Sie diese wie ein schwaches Zeichen meiner töchterlichen Liebe entgegennehmen. Ich bedaure zutiefst, des Glückes beraubt zu sein, Ihnen mündlich diese Wünsche zu überbringen. Möge der gütige Gott Ihre Gesundheit, die uns allen so wichtig ist, behüten! Möge er uns die Gnade erweisen, Sie bald wieder in unsere Arme zurückzubringen! Leb wohl, mein lieber Papa! Fräulein Zorn und Herr Roller grüssen Sie. Ich bin und werde mein ganzes Leben lang Ihre treue und gehorsame Tochter sein,
Bertha Zellweger.

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