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Jahresprogramm 2023 der Museen im Appenzellerland

Das Modell des «Hotel Everland» von Lang/Baumann. (Foto: L/B)

Im 2023 greifen die Museen im Appenzellerland gegensätzliche und zugleich verwandte gesellschaftspolitische Themen auf.

Einerseits kommen Personen, die in der Schweiz und in Appenzell Ausserrhoden von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen betroffen waren, in Bild und Ton zu Wort. Andererseits sind alternative Lebensformen zu Beginn des 20. Jahrhunderts rund um den Säntis Thema. Daneben stehen mehrere bemerkenswerte Einzelausstellungen von zeitgenössischen Ausserrhoder Kunstschaffenden auf dem Programm und zugleich wird beispielhaft die Geschichte und Entwicklung des Museums als solchem aufgezeigt. Die rund 18 Häuser vermitteln damit auch im 2023 das kulturelle Schaffen und die Kulturgeschichte im Appenzellerland in einer grossen Vielfalt und Breite.

Appenzeller Volkskunde-Museum Stein

Am 5. März 2023 eröffnet die von Iris Blum kuratierte Ausstellung «Von Reformtänzerinnen und Wollaposteln – Lebensreform in der Ostschweiz 1900-1950». Sie zeigt verschiedene Aspekte alternativer Bewegungen in Appenzell Ausserrhoden und den umliegenden Kantonen. In ihrer kürzlich erschienenen Publikation «Monte Verità am Säntis» hatte die Historikerin neuartige Ernährungs- und Wohnformen, neureligiöse Strömungen oder Reformpädagogik zu Beginn des letzten Jahrhunderts untersucht. Das Rahmenprogramm zur Ausstellung umfasst nebst anderem einen Vortrag zur pflanzenbasierten Ernährung; was vor hundert Jahren propagiert wurde, entpuppt sich teilweise wieder als hochaktuell.

Appenzeller Brauchtumsmuseum Urnäsch

Am 1. April 2023 öffnet die vom Rätischen Museum Chur übernommene und mit Ausserrhoder Aspekten ergänzte Ausstellung «Vom Glück vergessen. Über die Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen» ihre Türen. Bis in die 1970er-Jahre waren in der Schweiz zahlreiche Personen – darunter auch Kinder und Jugendliche – von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen betroffen. Ihre von der bürgerlichen Vorstellung abweichende Lebensweise war oft der einzige Grund für die Einweisung in eine Anstalt. Auch Urnäscher Betroffene erzählen in der Ausstellung über ihr Schicksal im Armen- und Waisenhaus.

Museum Herisau

Ab 1. Juni 2023 widmet sich das Museum Herisau mit der Ausstellung «Brücken und Strassen – quer durchs Land» dem Verkehrsnetz im Kanton Appenzell Ausserrhoden. Die Überwindung der Appenzeller Töbel und Höger mit Fahrstrassen gelang erst im 19. Jahrhundert. Ein besonders ehrgeiziges Werk war dabei in den 1850er-Jahren der Bau der Mittellandstrasse von Waldstatt über Teufen und Trogen nach Wolfhalden. In Bild und Text, Ton und Film zeigt die Ausstellung einerseits Meisterleistungen der Ingenieurskunst und andererseits die Bedeutung der Brücken und des Strassennetzes für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung von Appenzell Ausserrhoden.

Henry-Dunant-Museum Heiden

Das Henry-Dunant-Museum erreicht im 2023 auf dem Weg zur Neukonzeption ein wichtiges Etappenziel: Der Umbau wird abgeschlossen. An der «Aufrichte» am 1. April 2023 können alle Interessierten die neuen Räume besichtigen und das zukünftige Museumskonzept kennenlernen. Zwar bleibt das Museum 2023 weiterhin geschlossen, es wartet aber mit einem attraktiven Veranstaltungsprogramm sowie massgeschneiderten Führungen und Workshops für Gruppen und Schulklassen auf. Parallel dazu arbeitet das Projektteam an der Realisierung der neuen, gegenwartsbezogenen Kernausstellung zum Initiator des IKRK. Die Neueröffnung des Museums ist auf Anfang 2024 geplant.

Museum Heiden

Ab 7. Mai 2023 zeigt das Museum Heiden die Sonderausstellung «Das Krokodil von Heiden – Eine kleine Museumsgeschichte». Im Vordergrund steht die Geschichte des Museums Heiden selbst – gegründet schon 1859 als «Naturalienkabinett» –, im Hintergrund eine «allgemeine Museumsgeschichte»: Von der Wunderkammer zum Museum. Dabei zeigt sich, dass das Krokodil eigentlich ein Alligator ist und das Museumsdepot auch ein Kuriositätenkabinett. Ausgewählte Objekte erzählen ihre Geschichten, nicht nur von ihrer Herkunft, sondern auch von ihrem musealen Dasein.

Museum Gais

Ab 19. Februar 2023 sind im Museum Gais unter dem Titel «Konkret, abstrakt und farbenfroh» ausgewählte Gemälde von Carl August Liner und dessen Sohn Carl Walter Liner zu sehen; die Werke stammen aus einer Gaiser Privatsammlung. Es handelt sich in erster Linie um Landschaftsbilder, die bisher noch nie öffentlich gezeigt worden sind. Ab 27. August bis 17. September 2023 beherbergt das Museum im Rahmen des Biennalen Festivals für audiovisuelle Kunst «Klang Moor Schopfe» die experimentellen Arbeiten der Klang- und Performance-Künstlerinnen Tomoko Hojo (Japan) und Rahel Kraft (Schweiz).

Zeughaus Teufen

Mit der Lichtinstallation «Room Lines» des Farblichtzentrums der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK startet das Zeughaus-Jahr am 4. Februar 2023. Im weiteren Verlauf stehen drei Ausstellungen auf dem Programm; den Anfang macht am 1. April das internationale Kollektiv NCCFN: Interdisziplinär bearbeiten sie das Thema «Angewandte Utopie». Am 1. Juli folgt eine Ode an das genaue Hinschauen: Sabina Lang (*1972) und Daniel Baumann (*1967), die unter dem Künstlerkürzel L/B auftreten und für ihre grossformatigen Malereien und Installationen bekannt sind, legen im Zeughaus erstmals den Fokus auf ihre Modelle. Ab 28. Oktober sind Arbeiten des Ostschweizer Kollektivs GAFFA zu sehen: Die pointierten Installationen von Lucian Kunz, Wanja Harb, Linus Lutz und Dario Forlin überraschen und entziehen sich einer klaren Zuordnung.

Museum für Lebensgeschichten Speicher

Im Museum für Lebensgeschichten Speicher beginnt am 22. Januar 2023 die Ausstellung über Ernst Kriemler (1902-1975). Dieser Bürger von Speicher hat seine Biografie in mehreren Schulheften niedergeschrieben. Aus ärmlichen Verhältnissen stammend, war ihm das Schicksal auch in späteren Jahren nicht nur hold. Die Lebensgeschichte von Ernst Kriemler spiegelt einerseits einen individuellen Werdegang, sie verrät aber auch viel über die hiesigen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Museum Wolfhalden

Die Ausstellung zu den frühen privaten Nähmaschinen wird ab 7. Mai 2023 um ein Jahr verlängert. Dazu präsentiert das Museum eine kleine Schau zum Appenzeller Witz, den insbesondere Alfred Tobler (1845-1923) und Peter Eggenberger (*1939) erforscht und überliefert haben.

Museum Appenzell

Am 11. März 2023 eröffnet das Museum Appenzell die Ausstellung «Die Maus. Leise, flink und frech». Sie geht der Beziehung von Mäusen und Menschen nach: Eine Mausefallen-Sammlung, Präparate von Mäusen und ihren tierischen Feinden sowie Filme und Fotos zeigen das facettenreiche Verhältnis auf. Zeitgenössische künstlerische Positionen von Gabriela Gerber und Lukas Bardill sowie Kunstwerke von Adolf Dietrich und Walter Schels ergänzen die Schau um weitere Aspekte. Ein Mäusehaus und eine Mäusebibliothek laden Kinder und Familien zum Spielen und Erforschen ein. Im Frühsommer werden im Rahmen des Kooperations-projekts «Frauen am Berg» mit dem Alpinen Museum der Schweiz Bergwirtinnen aus dem Alpstein portraitiert.

Kunstmuseum Appenzell/Kunsthalle Appenzell

Ab 19. März 2023 zeigt die Kunsthalle Appenzell eine Einzelausstellung von Francisco Sierra (*1977). Der aus Herisau stammende Künstler fügt mit seinen grossformatigen Malereien wirklichkeitsgetreu wiedergegebene Elemente in unvermutete Umgebungen ein und schafft damit so witzige wie irritierende Kompositionen. Ebenfalls ab 19. März werden im Kunstmuseum Appenzell im Rahmen des Vordemberge-Gildewart-Stipendiums 2023 zwölf Positionen junger Schweizer Kunstschaffender präsentiert. In beiden Häusern folgt ab 2. Juli 2023 die grosse Schau skulpturaler Arbeiten der Künstlerin Alice Channer (*1977); die Britin verschmilzt Versatzstücke aus Natur und Technik zu rätselhaften Objekten. Am 29. Oktober 2023 eröffnet in der Kunsthalle schliesslich eine Einzelschau mit Installationen von Zora Berweger (*1981), während im Kunstmuseum die Allianzen zwischen Hans Arp, Sophie Taeuber-Arp und Max Bill beleuchtet werden.

Weitere Infos bei den jeweilige Museum unter www.museen-im-appenzellerland.ch.

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